Kirchberg am Wechsel

Im April 2001 erschien in einer Zeitung ein Artikel mit dem Titel „Der Philosoph und die Höhle der Fledermäuse“. Gemeint waren der Philosoph Ludwig Wittgenstein, die Hermannshöhle bei Kirchberg am Wechsel und deren Fledermäuse.

Wittgenstein hat sich in Kirchberg und auch in St. Corona öfters kurz aufgehalten, unterrichtet hat er in diesen Orten aber nie. Unverdrossen berichten Tageszeitungen und Texte im Internet dennoch, dass Wittgenstein in Kirchberg Lehrer gewesen sei, ja, dass Kirchberg sein Geburtsort sei, und dass er 21 Jahre, also bis zehn Jahre vor seinem Tod, als Volksschullehrer unterrichtet habe. Eine Zeitung schrieb im Jahr 2000 unter dem Titel „Philosoph hält Symposium“ (in Kirchberg) sogar: „Unter anderem nimmt auch Ludwig Wittgenstein an dem philosophischen Treffen teil.“

Mit seinen Schülern und Schülerinnen besuchte Wittgenstein Kirchberg und St. Corona und führte sie in die Kirche. Dort stellte sich seine Gruppe auf der Empore auf und sang in die leere Kirche herunter.

In Kirchberg fand auch eine Tagung der Arbeitsgemeinschaft der Volksschulen des Feistritztales, an der Wittgenstein teilnahm, statt. Die Tagung war kein großer Erfolg, und Wittgenstein blieb, ganz entgegen seinen sonstigen Gewohnheiten, während der Debatte stumm. Auf dem Heimweg jedoch erstaunte er seine Kollegen durch eine heftige Kritik: Nie mehr werde er an einer solchen (Pflicht-)Veranstaltung teilnehmen, Ausdrücke wie „Dreck“, „Nonsens“ und „Trottel“ hagelten auf die anderen Lehrer nieder.

Das alles wäre vielleicht nicht genug, um Kirchberg am Wechsel in die Wittgenstein-Landschaft zu versetzen. Aber Kirchberg am Wechsel ist der Sitz der Österreichischen Ludwig Wittgenstein Gesellschaft und der Ort, an dem jährlich seit 1976 die Internationalen Wittgenstein-Symposien stattfinden.

Im Kirchberger Gemeindehaus finden Sie die sehenswerte Dokumentation „Ludwig Wittgenstein – Wirklichkeit und Mythos“ (Montag bis Freitag 8-11.30 Uhr).

 

Fotos aus der Daueraustellung „Ludwig Wittgenstein Wirklichkeit und Mythos“